Esslingen: Restauration zum Bahnhof / F. Deffner (Biermarke)

(Baden-Württemberg) WMF-Nr. 10349 (Beitrag Bernd Thier) (Korrektur und Ergänzung zu Menzel Nr. 43799.1-3 / Schreibweise korregiert und Ausgabeort ermittelt)

Restauration zum Bahnhof, Friedrich Deffner, Esslingen

Foto: Bernd Thier

VS: RESTAURATION Z BAHNHOF| F. | Deffner |A | ∗ (im Stabrand)
RS: ∗ GUT FÜR EINEN SCHOPPEN BIER |
Abb. einer unter Dampf fahrender Lokomotive (im Stabrand)
rund / Messing  / ø 20,4  mm / Stärke 1,77 mm / Wendeprägung
Markentyp: Biermarke

Hersteller: unbekannt
Datierung: 1850/1860er Jahre
Sammlung: BT / Meldung: Bernd Thier
Literatur: Menzel (digitale Ausgabe 2018): Nr. 43799.1-3 ; WMF (Hefte): /

Anmerkung: Peter Menzel für drei Varianten dieser Marke unter Nr. 43799.1-3 (angeblich in Nickel (?), Varianten in Messing mit zwei Durchmesserangaben 20,4 und 20,7 mm) unter den Stücken ohne bekannten Ausgabeort auf. Hierbei ist die Lesung des in Fraktur geschriebenen Namen F. Deffner falsch, denn Menzel gibt hier den Namen Dessner an. Sucht man in der richtigen Kombination Restauration zum Bahnhof und F. Deffner in Internet findet man eine Zeitungsanzeige aus dem Jahr 1866:

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Anzeige aus: Schwäbische Kronik des Schwäbischen Merkurs, Nr. 89 (Sonntag), 15. April 1866

Ein Herr Fr. Deffner sucht dort einen jüngeren Kellner mit guten Zeugnissen für sein Restaurant zum Bahnhof in Esslingen. Damit ist die Zuweisung nach Esslingen eindeutig nachweisbar. Außerdem ergibt sich eine erste Datierung der Marke in die 1860er Jahre. Der Buchstabe A auf der Vorderseite über dem Stern könnte auf eine (bisher noch unbekannte, s.u.) Prägeanstalt hinweisen.

Die angegebene Maßeinheit eines Schoppen Biers umfasst vermutlich das Volumen etwa eines halben Liters. „Im deutschsprachigen Raum umfasste der Schoppen im 19. Jahrhundert in Baden und der Schweiz 0,375 l, in Württemberg 0,459 l und in der Pfalz 0,564 l. Vor der von Napoleon veranlassten, im Frühjahr 1812 durchgeführten Vereinheitlichung der Maße in den Staaten des Rheinbunds, entsprach der Schoppen 0,7 Liter. Als die nichtmetrischen Maße in Süddeutschland 1872 von den metrischen abgelöst wurden, galt bis 1884 der Schoppen als offizielle Bezeichnung für 0,5 Liter.“ (Quelle: Wikipedia)

Interessant ist die Darstellung der Dampflokomotive auf der Rückseite. Es ist eben keine stilisierte einfache Eisenbahn sondern die relativ exakte Abbildung eines bestimmten Lok-Typs, die sogenannte Würtembergische VI der Königlich-Württembergischen Staats-Eisenbahnen.

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c0/W%C3%BCrttembergische_VI_Heidelberg_1860.png

Foto der Lokomotive Württembergische VI, um 1860, Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%BCrttembergische_VI

„Diese ersten speziell für den Schnellzugdienst beschafften Lokomotiven konnten sich aufgrund ihrer für die Topographie Württembergs zu groß dimensionierten Treibrädern und zu klein dimensionierten Zylinder und Kessel nicht bewähren. Der Versuch, bei den letzten Maschinen dies mittels größerer Zylinder und größerem Kesseldruck zu beheben, schlug fehl, da man die Rostfläche nicht mit vergrößert hatte. Die Staatseisenbahnen nahmen von einer Nachlieferung Abstand. Zwischen 1854 und 1860 baute die Maschinenfabrik Esslingen insgesamt 12 Lokomotiven der Klasse VI (ab 1858 A), die die Nummern 58 bis 63, 74 bis 77, 96 und 97 erhielten.

Sämtliche Lokomotiven wurden zwischen 1868 und 1878 in 1B-Lokomotiven der Gattungen B und B2 (drei Exemplare der Klasse B und neun B2) umgebaut, weil der Verzicht auf das Drehgestell geringere Unterhaltskosten bedeutete. Zwischen 1894 und 1901 wurden acht Lokomotiven (sieben der Klasse B2 und eine B) nochmals umgebaut und in die Reihe Ab eingeordnet, die übrigen vier wurden bis 1913 ausgemustert. Die letzten Exemplare der Reihe Ab, die zu dieser Zeit nur noch untergeordnete Dienste verrichteten, waren 1923 im zweiten vorläufigen Umzeichnungsplan der Deutschen Reichsbahn (DR) zur Umzeichnung in 34 8131 – 8133 (die 34 8134 dagegen war ursprünglich eine E (alt) gewesen) vorgesehen, wurden aber zu Beginn der 1920er Jahre auch ausgemustert.“ (Quelle: Wikipedia)

Des Restaurant lag vermutlich in unmittelbarer Nähe des Bahnhofgebäudes. Der Bahnhof in Esslingen wurde am 20. November 1845 eingeweiht, ab 1852 verkehrten hier aus Züge der Königlich-Württembergischen Staats-Eisenbahnen (K.W.St.E.). Die Biermarke von Fr. Deffner wurde daher auf jeden Fall nach 1854, dem Baubeginn der abgebildeten Dampflokomotive hergestellt, vermutlich zwischen 1855 und 1865. Ob die Marke in der 1815 gegründeten Metallwarenfabrik C. Deffner in Esslingen hergestellt wurde ist unbekannt, aber nicht auszuschließen, da verwandschaftliche Beziehungen bestanden haben könnten. Das würde allerdings erklären, warum eine Dampflokomotive, die ebenfalls in Esslingen bebaut wurde, auf der Marke abgebildet ist.

Suchte man weiter nach Informationen zu Herrn Deffner und dem Bahnhof in Esslingen finden man zahlreiche Einträge im Internet, zum Beispiel im Staatshandbuch für Württemberg, das der Stabsfourier Deffner des 1. Reiter Regiments bereits 1846 zum Bahnhofs-Kassierer in Esslingen ernannt wurde. Vermutlich war er der spätere Betreiber des Restaurants Zum Bahnhof.

Suchbegriffe: Restauration z Bahnhof F. Deffner Dessner Gut für einen Schoppen Bier Lokomotive Eisenbahn

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1. Mai 2020

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