Wertmarken der Bergverwaltung Bregenz
Beitrag von Johann Kodnar (zu Menzel Nr. 4441.1-7)
Das Wirtatobel in Langen bei Bregenz ist bis heute der einzige Ort in Vorarlberg, an dem nennenswerte Mengen an Kohle gefunden wurden. Man vermutet, dass ansässige Bauern die im Gelände vorhandene Kohle schon Jahre vor der offiziellen Ausbeutung für Eigenzwecke nutzten. Historisch zurückverfolgen lässt sich der Abbau ab den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts, in welchen das Gebiet durch erste kurze Stollen untersucht wurde. Die älteste bekannte Grubenkarte stammt aus dem Jahr 1829.
Im Jahr 1840 wurde das Recht zur Ausbeutung des Morgensternstollens und des Fundgrubenstollens an den Gewerken Gmeinder vergeben (Anmerkung: Ein Gewerke ist ein Anteilseigener eines Bergwerkes). Wenig später im Jahr 1849 ließ die „Tirolische Steinkohlenschürfungsdirektion“ (Teil der staatlichen Bergbauverwaltung) erste Probebohrungen durchführen. Aufgrund der vielversprechenden Ergebnisse wurden in den Folgejahren weitere Stollen gegraben. Die hohen Erwartungen erfüllten sich jedoch nicht: Weder was das Ausmaß der gefundenen Kohlevorkommen anging, noch was die Qualität der oft mit sandigen Ablagerungen verunreinigten Kohle betraf. Nach der Privatisierung der Anlagen 1858 blieb auch dem neuen Besitzer Carl Schweger nachhaltiger Erfolg verwehrt. Der Bergbau wurde zwar mit Unterbrechung bis zum Jahr 1877 fortgeführt, die über den Bodensee und Schweizer Bahnen angelieferte französische Kohle stellte jedoch eine übermächtige Konkurrenz dar und bis auf einige wenige Fabriken und der Bodenseeschifffahrt waren keine Abnehmer mehr verblieben.
Oberbayerische Aktiengesellschaft für Kohlenbergbau
1877 gelangten die Anlagen in Besitz der Oberbayerischen Aktiengesellschaft für Kohlenbergbau zu Miesbach. Diese investierte groß in den Betrieb: Musste die Kohle bis dahin mit Wägen ca. 5 km über steile Wege nach Bregenz transportiert werden, so wollte man nun die Kohle direkt ohne Umweg zu den Bodenseeschiffen bringen. Dafür wurden mit großem finanziellen Aufwand der Alexanderstollen sowie zusätzliche Verbindungsstollen geschlagen, die eine direkte Anbindung an den Bodensee-Hafen ermöglichten. Der Betrieb expandierte bis 1885 auf 207 Arbeitskräfte.
Von der Oberbayerischen Aktiengesellschaft für Kohlebergbau stammen auch die Wertmarken der „Bergverwaltung Bregenz“. Diese ließ die Marken für ihre betriebsinterne Konsumanstalt prägen und als Teil des Lohnes an die Belegschaft ausbezahlen. Diese konnte damit im werkseigenen Kaufladen oder Gasthaus einkaufen. Das war insofern von Bedeutung, als die Bergleute „Am Stollen“, unweit des Wirtatobels wohnten, und so aufgrund einer fehlenden Verkehrsanbindung an Bregenz kaum Einkaufsmöglichkeiten hatten. In den Bergwerken war es damals allgemein üblich, dass die Belegschaft bestimmte Waren von den hauseigenen Werken gegen Abgabe der Lohnmarken beziehen musste.
Die Marken werden teilweise bereits bei Peter Menzel (digitale Ausgabe 2018), Nr. 4441.1-7 beschrieben (1, 5, 10, 20 und 50 Kreuzer sowie 1 Gulden in 2 Varianten).
Karl Fischer berichtete im Jahr 2000 im Jahrbuch des Vorarlberger Landesmuseumsverein von der großen Seltenheit dieser Wertmarken und stellte die Vermutung in den Raum, dass mit Ende der Kreuzer-Währung ein Großteil der Stücke eingezogen und eingeschmolzen worden waren. Er führte in seiner Arbeit Werte zu 1, 5, 10, 20 und 50 Kreuzer sowie 1 Gulden an.
Tatsächlich wurden die Marken in den letzten Jahren kaum im Handel angeboten. In der unter Wertmarkensammlern bekannten Dorotheum Auktion aus dem Jahr 1993, in der die große Stokes Sammlung aufgelöst wurde, war ein 10 Kreuzer Stück enthalten. Fischer berichtete 2000 von einem 10 Kreuzer und einem 1 Gulden Stück in der Sammlung des Historischen Museums Frankfurt am Main sowie einem 1 Kreuzer Stück im Stadtmuseum Dornbirn. Darüber hinaus waren ihm 1, 5, 10, 20 und 50 Kreuzer in einer Privatsammlung bekannt.
Hirschberg bildete 1975 in seiner Arbeit über die österreichischen Konsumvereine Marken zu 1 Kreuzer, 20 Kreuzer und 1 Gulden ab und verwies als Bildquelle auf eine Verkaufsliste der Münzhandlung Dombrowski in Münster. Die 1 Gulden Marke weist oben und unten eine kleine Lochung auf. Stücke zu 1, 5, 10 und 20 Kreuzer sind auch in der im Besitz des Technischen Museums Wien befindlichen Sammlung Ernst enthalten (vgl. Prokisch 2016).
Im Juni 2019 wurden im Wiener Auktionshaus Rauch im Rahmen einer Auflösung einer größeren Sammlung mit seltenen Stücken aus dem Tiroler und an Tirol angrenzenden Raum 1, 5, 10, 20 und 50 Kreuzer versteigert. Dabei könnte es sich mutmaßlich um die Stücke des von Fischer genannten Privatsammlers handeln.
Die Investition von ungefähr 1 Million Mark in den Alexanderstollen war für die Oberbayerische Aktiengesellschaft für Kohlenbergbau schlussendlich ein schlechtes Geschäft. In den Jahren 1880 bis 1887 förderte man nur 76.821 Tonnen Pechkohle und war auch auf keine nennenswerten zusätzlichen Kohlevorkommen gestoßen. 1887 wurde das Bergwerk schließlich komplett eingestellt.
Zwar gab es nach der Jahrhundertwende bis 1948 immer wieder Versuche das Bergwerk neu zu beleben, diese waren jedoch zumeist nur von kurzer Dauer. 1948 wurde das Bergwerk dann endgültig stillgelegt.
Von diesen gescheiterten Versuchen berichtet auch eine Vorarlberger Sage. In „Das Zwerglein im Wirtatobel“ wird ein Zwerg mit langem weißen Bart als Hüter des Wirtatobels beschrieben. Zeigt sich der Zwerg einem Bergmann und warnt ihn davor in sein Reich zu kommen, dann dürfe man nicht an diesem Ort weitergraben. Hört man auf den Zwerg, dann wird man an anderer Stelle viele gute Kohlen finden, wenn nicht, wird einem hingegen ein Unglück wiederfahren.
Quellen:
- Beitl, Richard (1953) „Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg“, Nr. 52, S. 53, Montfort-Verlag Othmar Kreissl, Feldkirch.
- Fischer, Karl (2010) „Berggeld aus Bregenz“, in: Jahrbuch Vorarlberger Landesmuseumsverein, S. 205-210, Vorarlberger Landesmuseumsverein, Bregenz.
- Friebe, Georg J. (2018) „Als bei Bregenz nach Kohle geschürft wurde“, im Internet: https://themavorarlberg.at/wissenschaft/als-bei-bregenz-nach-kohle-geschuerft-wurde
- Hirschberg, Helmut (1975) „Marken und Geldzeichen konsumgenossenschaftlicher Unternehmen in Österreich“, in: Numismatische Zeitschrift 90. Band, S. 55-112 und Abbildungen im hinteren Teil der Zeitschrift, Österreichische Numismatische Gesellschaft, Wien.
- Prokisch, Bernhard (2016) „Die Sammlung von Bergbaugeprägen des Karl Ritter von Ernst“, Institut für Numismatik und Geldgeschichte, Wien.
- Vorarlberger Volksblatt (1881) Inserat der Bergverwaltung Bregenz auf Seite 6, 24. Juni 1881, Bregenz.
- Vorarlberger Volksblatt (1887) Inserat der Bergverwaltung Bregenz auf Seite 4, Tagesausgabe 21. August 1887, Bregenz.
- Weber, Leopold/Weiss, Alfred (1983) „Bergbaugeschichte und Geologie der österreichischen Braunkohlevorkommen“, Archiv für Lagerstättenforschung der geologischen Bundesanstalt, Band 4, Geologische Bundesanstalt, Wien.
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