Wildursprungsmarken

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Wildplomben, Preisliste der Firma Juhl & Soehne, Berlin-Rummelsburg, Grösste Spezialfabrik aller Arten Bleiverschlüsse, Berlin o.J. (um 1990) / (Slg. Thier), Foto: Bernd Thier.

Beitrag von Bernd Thier

Im seinem Marken und Zeichen Lexikon (Lexikon für die im deutschsprachigen Raum aus Metall geprägten Marken und Zeichen in 4 Bänden) hat Wolfgang Hasselmann eine fast unüberschaubare Anzahl der verschiedensten Verwendungszwecke für Wertmarken aller Art und somit Markentypen vorgestellt. Man kann daher kaum hoffen, eine weitere, bisher „unbekannte“ Markenart zu „entdecken“. Aber der Zufall will es so:

In einer kleinen, undatierten Preisliste der Firma Juhl & Soehne, Berlin-Rummelsburg, Grösste Spezialfabrik aller Arten Bleiverschlüsse, werden u.a. Deckelplomben, Zwei-Loch-Plomben, Ein-Loch Plomben, Klapp-Plomben, Kreuzloch-Plomben, Rapid-Plomben und Blechplomben, außerdem Plombier-Drähte, Plombier-Schnüre, Plomben-Zanzen und Datums-Zangen angepriesen. Diese Liste ist von alter Hand mit „Plomben-Offerte July 09“, beschriftet und dürfte daher aus diesem Jahr oder kurz davor stammen.

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Es werden aber auch „Wildplomben“ angeboten, bei denen zusätzlich zu der Bleiplombe (die es in drei unterschiedlichen Größen gab) und dem Plombier-Draht ein „Nummernschildchen“ aus Metall (vermutlich Messing) angefügt werden kann. Dies ist daher als Wildursprungsmarken zu bezeichnen.

Neben Stücken mit lediglich einer Nummer, konnten aber auch Marken mit einem Hoheitszeichen hergestellt werden, wie ein Beispiel aus Berlin zeigt, das neben der Ortsbezeichnung auch den Preußischen Adler abbildet. Man könnte diese Marke auch für eine Hundesteuermarke aus Berlin halten, wenn die Lochung nicht an der Seite ausgeführt worden wäre.

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Mit der eindeutigen Kennzeichnung des erlegten Wildes sollte damals vor allem gegen die Wilderei vorgegangen werden, indem man die Herkunft (Ursprung) des Wildes belegen konnte. Auch für Fleischhändler oder Gastronomen war es wichtig die rechtmäßige Herkunft nachweisen zu können.

Wildursprungsmarken werden, in einer – modernen – anderen Gestaltung aus Kunststoff, bis heute verwendet.

http://www.ljv-brandenburg.de/neue-wildmarken-und-ursprungsscheine

http://www.ljv-hessen.org/formulare/wildbret/ (siehe dort Gesetz zur Änderung des Fleischhygienegesetzes)

Die Stadt Essen stellt dazu ein sehr interessantes Infoschreiben im Internet zur Verfügung:

Ausgabe und Anwendung von Wildursprungsmarken in Essen
Grundsätzlich erfolgt die Ausgabe der neuen Wildursprungsmarken und –scheine immer durch die Veterinärbehörden, in deren Zuständigkeitsbereich die Herkunft des Wildes fällt. Das bedeutet, dass sich Jagdausübungsberechtigte (JAB) in Essener Revieren von sofort an die WU-Marken und –scheine bei dem Essener Veterinäramt in der Goldschmidtstr. 112, 45141 Essen, Tel.: 0201/88 59 600 (Glastür in rotes Backsteingebäude rechts hinter dem Tor zum Schlachthof) abholen können.

Ausgabetermine und Kosten:
Am Veterinäramt täglich von 09.00 bis 11.00 Uhr od. nach telefonischer Rücksprache, je Marke und Schein zusammen 1,00 €uro

Anbringung:
Anzubringen sind Wildursprungsmarken an jedem Stück Großwild, das ganz oder in Teilen zum menschlichen Verzehr abgegeben wird – möglichst so, dass die Marken längstmöglich am Wildkörper verbleiben können, also bspw. am freigelegten Brustbein, statt an den Läufen oder Lauschern, weil dort mit dem aus der Decke schlagen die Marke ebenfalls entfernt würde!

Verwendung:
Bindend ist die Verwendung der Marken und Scheine bei jedem Stück Wild, das als Primärerzeugnis (Wild in Decke od. Schwarte) oder in Teilen (Fleisch) abgegeben wird. Empfehlenswert wäre daher auch die Anbringung an ursprünglich für den Eigenverzehr erlegten Stücken, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass später einzelne Teile davon wie etwa eine Keule doch noch abgegeben werden
– nur so kann der JAB die Abgabe von Fleisch nicht markierter Tiere sicher ausschließen! Die verpackten Teile zerlegter Stücke müssen vor Abgabe mit der Nummer der WU-Marke gekennzeichnet werden. Die Durchschläge der WU-Scheine sind zwei Jahre aufzubewahren.

Reviere & Mengen:
In Bezug auf die Essener Reviere müssten sich also diejenigen Pächter die WU-Marken und –scheine besorgen, in deren Revieren Rehwild (Großwild) vorkommt und die einzelne Stücke oder Fleisch davon auch nur gelegentlich abgeben. Pächter von Revieren ohne Rehwild müssen sich die Marken und Scheine nur dann besorgen, wenn in ihren Revieren Dachse vorkommen, die zur gelegentlichen Herstellung bspw. von Dachsschinken zum Eigenverzehr genutzt werden, da der Dachs trichinenuntersuchungspflichtiges Großwild und die amtliche Untersuchung auch bei Eigenverzehr gesetzlich vorgeschrieben ist. Grundsätzlich gibt das Veterinäramt jedem Pächter so viele Marken und Scheine gegen die o. a. Gebühr heraus, wie von diesem gewünscht werden. Es empfiehlt sich bei der Mengenkalkulation, sich an den Strecken aus den Vorjahren zu orientieren.

Registrierung nach Art. 6, VO (EG) 852/2004:
Für Pächter in Essen, die zur kundigen Person fortgebildet sind und gelegentlich enthäutetes Wild am Stück oder in Teilen abgeben, sich aber noch nicht haben registrieren lassen, erfolgt dies unbürokratisch bei der Herausgabe der WU-Marken und –scheine.

Ein Tipp zur Abgabe:
Betrachten Sie die Regelungen mit den Wildursprungsmarken nicht als ‚bürokratischen Ballast‘, sondern als Chance – mit der Nummer der Marke auf der Verpackung einer Keule weisen Sie Ihren Abnehmern die genaue Herkunft ihrer Sonntagsbraten nach! Und mit sauber gewonnenem, verpackten und herkunftsgekennzeichneten Fleisch punktet man gerade beim kritischen Endverbraucher!

Quelle: http://www.ljv-nrw.de/media/1319013601_merkblatt_bezug_wildursprungsmarken_in_essen.pdf

Nach dem Verzehr des erlegten Wildes waren die Marken ohne Funktion und wurden vermutlich in den meisten Fällen entsorgt. Bei den Marken, auf denen lediglich eine Nummer steht, wäre heute eine Identifizierung als Wildursprungsmarke nahezu unmöglich, zu viele andere nummerierte Markentypen kämen in Betracht.

Zumindest bei Marken mit Ortsangabe oder „Hoheitszeichen“, die bisher in ihrer Funktion nicht genau angesprochen werden konnten, wäre zumindest an die beschriebene Funktion zu denken.


30. Januar 2016

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