Wertmarke vom Vereinslazarett Rhenanenhaus und Akademische Fechtschule aus Freiburg im Breisgau

(Baden-Württemberg) WMF Nr. 10353 (Beitrag von Michael Gnatzy und Bernd Thier)

Foto: Michael Gnatzy

Vereinslazarett Rhenanenhaus-Fechtschule, Albertstraße 48 / Eckerstraße 3, Freiburg i. B.

VS: VER. LAZ. | RHENANENHAUS | FECHTSCHULE (Stabrand)
RS:
leer (Stabrand)
rund / Messing / ø 19,1 mm / 2,05 g
Markentyp: Wertmarke / Kantinenmarke
Hersteller: unbekannt
Datierung: 1914-1918/1919
Sammlung: Gn.
Verfügbarkeit: diese Marke stände als Tauschobjekt zur Verfügung, Anfrage bitte unter info@wertmarkenforum.de
Literatur: Menzel (digitale Ausgabe 2018): / ; WMF (Hefte): /
Suchbegriffe: VER. LAZ. RHENANENHAUS FECHTSCHULE

VER. LAZ“ ließe sich mit „Vereins Lazarett“ deuten. „RHENANENHAUS“ und „FECHTSCHULE“ könnten auf eine pflichtschlagende Studentenverbindung hinweisen. Material und Machart der Wertmarke legen eine Prägung zu Beginn des 20. Jahrhunderts nahe.

Studentische Verbindungen namens „Rhenania“ gab bzw. gibt es an verschiedenen Universitätsstädten im deutschsprachigen Raum. Das Internet führt bei der Eingabe vorgenannter Begriffe sogleich nach Freiburg im Breisgau. Die Homepage des auch heute noch in der Albertstraße 32, Freiburg (Neuburg), ansässigen Corps Rhenania Freiburg löst die rätselhaft erscheinende Inschrift auf.

Das bereits am 21. September 1812 gegründete Corps Rhenania Freiburg wurde seit 1889 durch den Altherrenverband des Corps organisatorisch zusammengehalten. 1892 wurde mit Unterstützung der Ehemaligen das erste Corpshaus der Freiburger Rhenanen in der Albertstraße 48, Freiburg (Neuburg) gebaut. Da das Gebäude für den Corpsbetrieb nicht groß genug war, wurde 1912/1913 das alte Corpshaus abgerissen und an derselben Stelle ein größeres Haus in der Formensprache des Jugendstils errichtet. Mit Beginn des Ersten Weltkriegs musste das Corps erneut schließen. Das Corpshaus wurde aufgrund der Frontnähe vom Deutschen Heer als Lazarett genutzt. Erst 1919 wurde der Corpsbetrieb wieder aufgenommen [1].

Die Fechtschule bildete ein eigenständiges Gebäude in der Ecker Straße 3, Freiburg (Neuburg), das nach den Angaben des Freiburger Adressbuches von 1895 [2] dort als Akademische Fecht- und Turnhalle errichtet worden ist.

Das Vereinslazarett Rhenanenhaus-Fechtschule bestand demnach aus zwei Gebäuden, dem Corpshaus Rhenania, Albertstraße 48, und der an der Ecker Straße 3 gelegenen, akademischen Fecht- und Turnhalle der Universität Freiburg.

Dr. Lorenz Werthmann, Päpstlicher Geheimkämmerer und 1897 Gründer des Caritasverbandes für das katholische Deutschland, hat in seinem Werk „Die Freiburger Lazarette im Völkerkrieg: 1914/1915“ das Lazarettwesen in Freiburg und auch das Vereinslazarett Rhenanenhaus-Fechtschule [3] beschrieben:

Die gesamte Lazaretteinrichtung wurde aus Mitteln des Ortsausschusses vom Roten Kreuz angeschafft. Die beiden Häuser waren durch ihre nebeneinanderliegenden Gärten verbunden. Im Rhenanenhaus befanden sich die gesamte Verwaltung des Lazarettes, die Küche mit einer Teeküche die Waschküche, die Vorratskammern, die Wäsche- und Nähabteilung sowie drei Krankensäle, darunter der große Kneipsaal, mit insgesamt 38 Betten. Die Empfangshalle diente als Aufenthaltsraum und Speisesaal. Im Gebäude waren das Ärztezimmer, der kleine Verbandsraum, Bade- und Wascheinrichtung sowie das Refektorium (Gemeinschaftsraum) für die Barmherzigen Schwestern eingerichtet.

In der Fechtschule befanden sich vier Säle mit 82 Betten, das große Verbandszimmer, zwei Teeküchen, Bäder- und Waschräume und ein großer Tage- und Speiseraum für die Verwundeten, die Annahme sowie das Zimmer des Polizeiunteroffiziers.

Vereinslazarett Rhenanenhaus-Fechtschule Freiburg i. Br., Ansichtspostkarte mit zwei Abbildungen, unbekannter Fotograf, Verlag Emil Zürni, Freiburg i.B., 1915, als Feldpost gesendet, Poststempel Freiburg (Breisgau), Postamt 1, gestempelt am 15.1.1916, zwischen 16 und 17 Uhr,
Slg. M. Gnatzy, Foto: M. Gnatzy
Rückseite der Postkarte

Der Ortsausschuss des Roten Kreuzes stellte am 24. September 1914 fest, dass 70 Betten fertiggestellt worden waren. Deren Anzahl wuchs zum 30. September 1914 um weitere 42 und erhöhte sich zum 1. März 1915 auf 120 Betten.

Der Betrieb des Lazaretts wurde am 7. Oktober 1914 mit 40 Verwundeten eröffnet. Bis zum 1. August 1915 wurden 810 Verwundete und Kranke behandelt.

Die Adressbücher der Stadt Freiburg aus den Jahren 1914 bis 1918 enthalten ebenso wenig wie der 3. Band der Ausgabe Geschichte der Stadt Freiburg („Von der badischen Herrschaft bis zur Gegenwart“) [4] Angaben zu diesem privaten Lazarett.

Die Wertmarke des Vereins-Lazarett enthält keine Angabe zu ihrer Verwendung. Vermutlich wird sie ab dem Spätsommer 1914 für den Kantinenbereich Verwendung gefunden haben.

Anmerkungen:
[1] Corps Rhenania Freiburg, Homepage www.rhenania-freiburg.de/geschichte-des-corps-im-ueberblick.
[2] Adreßbuch der Stadt Freiburg für das Jahr 1895, Verlag D. Lauber, IX Abteilung, S. 99.
[3] Dr. Lorenz Werthmann, Die Freiburger Lazarette im Völkerkrieg: 1914/1915. Im Auftrag des Ortsausschusses vom Roten Kreuz, Caritas-Verlag, 1915, S. 80.
[4] Geschichte der Stadt Freiburg. Band 3. Von der badischen Herrschaft bis zur Gegenwart. Herausgeber Stadt Freiburg, Theiss Verlag, Stuttgart 1992.

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20. Mai 2020

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