Statt Marke oder Rechenpfennig „nur“ ein alter Knopf von Nadlermeister Xaver Prummer aus Landshut (1864)

Beitrag von Bernd Thier

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Foto: Bernd Thier

Manchmal begegnet man bei der Bearbeitung alter  Marken und Zeichen ungewöhnlichen Stücken, die auf den ersten Blick etwas anderes erwarten lassen, als bei einer genaueren Betrachtung dann am Ende als Ergebnis herauskommt.

So auch bei einer „Marke“ mit der Aufschrift Prümmer-Landshut und der „Wertzahl“ 10, bei der man an eine alte Marke aus dem 19. Jahrhundert oder an einen münzähnlichen Rechenpfennig denkt. Schaut man sich das Stück jedoch genauer an, stellt man fest, dass es sich „nur“ um einen alten Knopf handelt, der jedoch, wie eben auch alte Marken, in diesem Fall einer genaueren Betrachtung unterzogen werden soll.

VS: PRUMMER | LANDSHUT  18| 64  (Abb. der Patrona Bavariae / sitzende Maria mit dem Jesuskind, auf einem Sockel, darauf die Zahl 10, die Jahreszahl 18 / 64 links und rechts vom Sockel ist kaum zu lesen)
RS:
Bild der Vorderseite in schwacher inkuser negativen Prägung
rund / Messing / ø 26,0 – 26,3 mm / Stärke 0,96  mm / auf der Rückseite in der Mitte Weichlotspuren

Hersteller: Xaver Prummer, Landhut
Datierung: 1864 ff.
Sammlung:  T

Das es sich wohl nicht um eine Marke handelt ergibt sich aus zwei Beobachtungen: Auf der Rückseiet erscheint das Bild der Vorderseite als schwach erkennbare inkuse Prägung und in der Mitte ist ein Weichlotrest, der am Anlöten einer Öse stammt, der die „Marke“ zu einem Knopf macht. Im 18. bis 20. Jahrhundert gehörten Münzknöpfe, nicht nur in Bayern, zur Tracht sowohl bei Frauen als auch vor allem bei Männern. Meist verwendet man – bis in das frühe 20. Jahrhundert hinein, dafür dekorative Silbermünzen, in Bayern gerne 10 oder 20 Kreuzerstücke des Königreichs Bayern aus dem 18. Jahrhunderts mit der Abbildung der „Patrona Bavariae„:

 

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Silbermünze, Königreich Bayern, 10 Kreuzer 1778 (Privatbesitz)

 

Ein Beispiel hierfür findet sich in der Staatlichen Kunstsammlung Dresden. Der Knopf von Prümmer aus Landhut, datiert 1864, immitiert genau diesen Typ der 10 Kreuzerstücke, allerdings in Messing und nicht in Silber. Andere, weitaus pirimitivere Stücke solcher Knöpfe sind bekannt, meist aber ohne Angabe des Herstellers, der den Text PATRONA  BAVARIA so ersetzt, dass man es auf den ersten Blick kaum erkennen kann.

Wer aber war nun Herr Prummer aus Landshut? Eine Recherche im Internet bringt einige Ergebnisse:

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Anzeige: Landshuter Zeitung, 15. Jg., Nr. 66, Samstag 21. März 1863

Demnach war der Nadler (Nadelmeister) Prummer aus Landshut in den 1860er Jahren ein bekannter Hersteller von „Presswaren„, darunter Knöpfen, Haken, Kreuzen, Paternostern (Rosenkränzen) und von Medaillen, die er auch überregional versendete. Er muss daher eine Prägemaschine und eine Metallstanze besessen haben, denn sonst wären u.a. weder die Medaillenprägung noch die Metallknopfprägung möglich gewesen sein. Den 1864 datierten Knopf, der sicherlich auch in den Folgejahren mit dieser Jahreszahl hergestellt worden ist, versah der Hersteller stolz mit seinem Namen und dem Herstellungsort : PRUMMER LANDSHUT. Seinen Vornamen liefert eine Werbeanzeige von 1872, in der Xaver Prummer bekannt gibt, das er nun den Laden des Schneidermeisters Glötzl in Landshut, Altstadt Nr. 68, übernommen hat.

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Anzeige: Landshuter Zeitung, 24. Jg., Nr. 240, Sonntag 13. Oktober 1872

Irgendwann verlor der vorliegende Knopf die auf der Rückseite aufgelötete Öse und worde trotzdem nicht weggeworfen. Vielleicht sollte er als Marke oder vermeintliche Münze in betrügerischer Absicht zweckentfremdet werden, vielleicht gelangte er, immer wieder, als „Pseudogeld“ in den Klingelbeutel in der Kirche bei diversen Kollekten, denn er ist inzwischen stark abgenutzt worden. Offenbar entdeckte ihn dann eine Münz- oder Markensammler und fügte ihn seienr Sammlung zu, so dass er heute noch erhalten ist und nun seine  Entstehungs- und Nutzungsgeschichte „erzählen“ kann. Was ein alter Knopf nach über 150 Jahren doch noch so zu berichten weis.

Immerhin ist es nicht ausgeschlossen dass Xaver Prummer, der ja nachweislich Medaillen prägte, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch Marken z.B. für die Stadt Landshut oder für Vereine, Betriebe oder Gaststätten der Region herstellte. Bisher ist er jedoch weder in der einen oder der anderen Funktion dafür bekannt geworden.

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7. Januar 2017

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