Der Karlsruher Eishändler Kilber, nicht Kleber (Eismarke)

Beitrag von Michael Gnatzy (Korrektur zu Menzel Nr. 15931.1)

image-2378

Foto: Michael Gnatzy

Eishandlung Anton Kilber – Wertmarke für 5 Kilogramm Eis (1875/1879)

VS: EISHANDLUNG | ◊ A. KILBER KARLSRUHE ◊ | Monogramm AK (in einem Fadenkreis) in einer Verzierung M (Randstab mit Perlen)
RS:
5 | KILO | EIS | ∗ (Randstab mit Perlen)
rund / Messing / ø 22,8 mm / 3,52 g / Wendeprägung

Literatur: Menzel (digitale Ausgabe 2014) Nr. 15931.1; Hild Auktion 69, Nr. 2735
Sammlung: Badischen Landesmuseum Karlsruhe (BLK): Messing; 22,8 mm; 3,69 g.

Der Markgraf Karl Wilhelm von Baden-Durlach (1709-1738) gründete Karlsruhe 1715 im Hardtwald (Rheinebene) als weitläufige, an Versailles orientierte neue Residenz, weil ihm seine bisherige in Durlach zu eng geworden war. Mit der Neugründung gingen auch beachtliche wirtschaftliche Veränderungen einher.

Barbara Guttmann hat in ihrem Buch „Hopfen & Malz“ (Hrsg. Stadt Karlsruhe. Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs. Band 19. Badenia Verlag Karlsruhe, 1998) die Entwicklung des Brauereiwesens in Karlsruhe vom Handwerksbetrieb zum Industrieunternehmen sehr beeindruckend dargestellt. Die Auflösung der Zunft der Bierbrauer und die Organisation der Brauer in einer Genossenschaft 1863 (Guttmann, S. 39, 41) und der Schub durch die Gründung des Deutschen Reichs 1871 sorgten dann für rasante Veränderungen.

Die geographische Lage Karlsruhes in der Rheinebene ließ zunächst den Bau geeigneter Keller zur  Bierlagerung nicht zu. Die im Stadtgebiet angesiedelten Brauereien hielten daher Lagerbierkeller in den Hügeln und Anhöhen von Grötzingen und Durlach vor. Das Heraufziehen der schweren Lagerfässer aus den feuchten Kellern und der beachtliche Transportweg von dort in die Stadt führten dazu, dass in 1860ziger Jahren mehrere Brauereien Eiskeller zur Kühlung des Bieres anlegen ließen.  Zur Verbesserung der Kühlung wurde über dem Eiskeller ein künstlicher See („Eisschiff“ genannt) errichtet. Da das auf diese Weise vorgehaltene Eis nicht ausreichte, wurde Eis auch aus den Alpen durch Güterzüge herangeschafft.  Erst die Kosten intensive Anschaffung von Eismaschinen in einigen Karlsruher  Brauerei (Printz 1884, Moninger 1887 und Seldeneck 1890) löste das Problem der Bierkühlung (Guttmann, S. 45 ff). Mit der verbesserten, industrialisierten Bierherstellung wurden im ausgehenden 19. Jahrhundert viele kleinere Brauereien aus dem Markt gedrängt, weil sie das Kapital für die nun eingesetzten Technologien nicht aufbringen konnten.

Der Bierbrauer Anton Kilber ist im Karlsruher Adressbuch in der Waldstraße 38 von 1869 bis 1874 nachweisbar. Danach wechselt seine Berufsbezeichnung.

Anton Kilber, Bierbrauer, Waldstraße 38
(Adressbuch Karlsruhe 1869-1874)

Anton Kilber, Eishandlung, Carl-/Karlstraße 40
(Adressbuch Karlsruhe 1875-1878/1879)

Anton Kilber, Eis- und Kohlenhandlung, Karlstraße 40
(Adressbuch Karlsruhe 1880-1885)

Anton Kilber Witwe, privat, Karlstraße 40
(Adressbuch Karlsruhe ab 1886)

Die Eishandlung Anton Kilber wurde 1875 in der Karlstraße 40 eröffnet und dort ab 1880 als Eis- und Kohlenhandlung geführt.

Der mit 5 Kg Eis hohe Nennwert schließt die Verwendung der Marke zum Erwerb von Speiseeis aus. Die Wertmarke steht für eine Stangeneislieferung und damit für ein Produkt zur Kühlung von Bier. Nach  Hasselmann  (Lexikon, S. 339) sind diese Wertmarken dem Fuhrmann als Nachweis für bezahltes Stangeneis bei jeder Eiszustellung als Belegzeichen übergeben worden. Diese Marke tauschte der Fuhrmann dann zu einem festgelegten Betrag bei der Eishandlung als Lohn ein.

image-2379

nach: Hasselmann (Lexikon)

Die Herstellungszeit für die Wertmarke 5 Kg Eis lässt sich damit mit 1875 bis 1879 angeben.

Hasselmann datiert diese Marke mit „um 1865“ (Hasselmann, Lexikon, Abbildung, S. 339) und damit um rund 10 Jahre zu früh.

Das von Hasselmann verwendete Foto zeigt die bei Dr. Claus Hild, Karlsruhe, in der Auktion 69, Nr. 2735 versteigerte Wertmarke, die der Verfasser seinerzeit erwarb.

Peter Menzel bezieht sich in seiner Beschreibung (Nr. 15931.1) auf die Abbildung bei Hasselmann, gibt jedoch die Schreibweise des Nachnamens mit „KLEBER“ nicht richtig wieder.

image-2380

Achtung: Hier eingefügte Links können nicht ständig überprüft werden, daher keine dauerhafte Garantie für deren Gültigkeit!


21. April 2017

Schlagworte:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Webdesign: Sebastian Stüber & Robin Thier