Bildliche Darstellungen auf Wertmarken: Ziegenbock mit Bierfass

Beitrag von Bernd Thier

Vorbemerkungen:

Bildliche Darstellungen finden sich in unterschiedlichen Ausprägungen immer wieder auf Wertmarken. Während im 16. bis frühen 19. Jahrhundert Bilder, Symbole oder Bildmarken oftmals dominierten, da die meisten Menschen nur unzureichend lesen konnten, werden seit der Mitte des 19. Jahrhunderts Inschriften und Umschriften zur Informationsvermittlung und Beschreibung der Funktion oder des Herausgebers einer Marke immer wichtiger, so das sich Abbildungen deutlich seltener finden und dabei meist auf bestimmte Stereotypen reduziert wurden.

Ziegenbock mit Bierfass

 

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Stumme anonyme Biermarke mit der Abb. eines Ziegenbocks an einem Bierfass, Messing, Dm 19,1 mm, Prägeanstalt L. Chr. Lauer, Nürnberg, um 1920/1930  (Foto: Bernd Thier)

Auf zahlreichen Biermarken, vor allem aus dem ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert, finden sich die Darstellung eines Ziegenbocks, der seine Vorderhufe auf ein Bierfass legt bzw. es auf diese Weise rollt.  Bekannt sind u.a. solche Marken der Firma L. Chr. Lauer aus Nürnberg.

Was aber hat ausgerechnet ein Bock auf einer Biermarke zu suchen?

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Stumme anonyme Biermarke mit der Abb. eines Ziegenbocks an einem Bierfass, Messing, Dm 20,5 mm, Prägeanstalt L. Chr. Lauer, Nürnberg, um 1920/1930 (Foto: Bernd Thier)

Als bildhaftes Symbol steht der Bock hier für das sogenannte Bockbier. Es gehört zu den Starkbieren. Dies sind ober- oder untergärige Biere, deren Stammwürzegehalt über 16 Grad Plato liegt und der Alkoholgehalt bei 6,5 % Vol. (und darüber). Bochbier gibt sie in hell und dunkel, aber auch als Weizenstarkbier.

Das Starkbier wird mit einem höheren Stammwürzegehalt als ein normales Voll- oder Schankbier eingebraut. Die Maische ist dickflüssiger, da weniger Wasser hinzugegeben wird. Es gibt helle und dunkle Bockbiere. Im heutigen Angebot ist ein Bockbier meist ein dunkles, süßes und weniger gehopftes Starkbier. Bevorzugt werden Bitterhopfen eingesetzt. Die hellen Vertreter werden entsprechend als heller Bock, aber auch als Maibock gehandelt. Außerdem gibt es auch hellen und dunklen Weizenbock.

Bedingt durch die besonderen, oft dunklen Malze ist Bockbier voll im Geschmack und bringt die vom Malz gelieferten Röstaromen mit. Oft wird die Karamelsüße und der hohe Alkoholgehalt durch das Bittere des eingebrauten Hopfens hervorgehoben. Entsprechend der Schwere des Bieres und einer (gegenüber Vollbieren) oft geringeren Menge an Kohlensäure ist der Schaum cremig und vor allem bei dunklem Bock ebenfalls beige gefärbt.

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Bierflaschenetikett der Westmark-Brauerei für die Biermarke BLONDER BOCK, 1960er Jahre (Privatbesitz)

Obwohl die beiden Begriffe Ziegenbock und Bockbier vom Wortlaut abgesehen nichts miteinander zu tun haben, ist auf den Etiketten mancher Bockbiere ein Ziegenbock abgebildet. Auf der Animator-Flasche von Hacker-Pschorr sind beispielsweise zwei Schafböcke (Widder) zu sehen, die sich gegenüberstehen.

Der Ursprung dieser Biersorte liegt in der ehemaligen Hansestadt Einbeck in Niedersachsen. Mit der Vergabe des Stadtrechtes 1240 durch die Söhne Heinrichs des Löwen war auch ein Braurecht für die Bürger verbunden. Das im Mittelalter gebraute obergärige Bier galt als Luxusware und wurde über weite Strecken, unter anderem bis nach Italien, exportiert. Um die dafür nötige Haltbarkeit zu erreichen, braute man es mit einem ungewöhnlich hohen Stammwürzegehalt. Das Resultat war ein schweres, alkoholreiches Bier.

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Bierflaschenetikett der Brauerei Gebrüder Paqué, St. Wendel, für die Biermarke WENDALINUS BOCK, 1960er Jahre (Privatbesitz)

Der herzögliche Hof der Wittelsbacher in München ließ sich seit 1555 aus Einbeck beliefern, bis man 1573 das erste bayerische Hofbräuhaus zunächst auf der Landshuter Burg Trausnitz gründete und 1589 nach München verlegte, um selbst Bier zu brauen. 1614 wurde der Braumeister Elias Pichler von Einbeck an das Hofbräuhaus abgeworben, der fortan sein Ainpöckisch Bier (Einbecksches Bier) in München braute. In der Münchner Mundart wurde daraus im Lauf der Zeit die Bezeichnung Bockbier. (Quelle: Wikipedia)

Also hat der Ziegenbock eigentlich gar nichts mit Bier zu tun sondern die Benennung Bockbier geht „nur“ auf den „verballhornten“ Namen Einbeck zurück. Macht aber nichts, die Darstellungen auf den Biermarken sind  trotzdem sehr gelungen und einprägsam. Jeder wusste, das Sie für Bockbier waren!

 

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18. Juni 2016

Schlagworte:

Ein Kommentar zu “Bildliche Darstellungen auf Wertmarken: Ziegenbock mit Bierfass”

  1. Kedeinis sagt:

    Hallo Hr. Thier,
    die Marken mit dem Ziegenbock sind auch schon viel früher als 20-30 Jahre verwendet worden. Ich habe eine Abbildung einer Wertmarke der Brauerei Althof-Memel. Auf der Wertseite ist die 10 abgebildet und auf der anderen Seite der Ziegenbock auf einem Fass. Diese Brauerei wurde 1883 im Memel (heute Kleipeda, Litauen) gegründet. 1899 wurde die Brauerei von der Firma Bürgerliches Brauhaus Memel AG übernommen.
    Grüsse aus Duisburg
    MK

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