Als es noch keine Einkaufswagenchips gab: Kuriose Sammel-Marken-Hefte für die Wagenrückgabe
Beitrag von Bernd Thier
Eigentlich konzentriert sich das Wertmarkenforum auf Marken aus Metall oder Kunststoff, aber das hier vorgestellte kuriose Sammel-Marken-Heft stammt aus der Zeit vor 1992, als der Einkaufswagenchip (EKW Chip), eines der zentralen Sammelgebiete, zwar theoretisch erfunden, aber eben noch nicht allgemein üblich war.
Das Sammelheft sollte, wie später die EKW-Chips, die Besucher von Supermärkten dazu motivieren, die Einkaufswagen nicht einfach irgendwo stehen zu lassen, wenn man seine Einkäufe im Auto verstaut hatte, sondern geordnet an eine bestimmte Sammlestelle im Kassenraum zurück zu bringen. Dies war ein generelles Problem, dass in den 1980er Jahren dazu führte, Rückgabeautomaten zu entwickeln, die als Belohnung kleine Papiermarken ausgaben, die man, wie in einem Rabattmarkenheft, einkleben konnte. War das Heft vollständig mit Marken beklebt, gab es eine kleine Belohnung in der Form eines Warengutscheins.
Herausgegeben wurde dieses Heft von der Otto Reichelt Gmbh in Berlin, einer 1919 gegründeten späteren Supermarktkette. Der Rückgabeautomat geht auf ein Patent der Firma Wanzl Metallwarenfabrik GmbH in Leipheim zurück, die 1982 darauf sogar ein Patent (DE 3112655 A1) erwarb (Verfahren und Einrichtung zur Annahme und zum Bereitstellen von Einkaufswagen). Die Sparkarte wies 30 Felder zum Aufkleben von Papiermarken auf, die mit CHARIOT / MATIC® beschriftet sind. Chariot ist der französische Begriff für Einkaufswagen.
Hatte man also 30 Mal seinen Einkaufswagen zurück gebracht, das Heft vollständig und sorgfältig beklebt, dann seine Adresse auf der Karte notiert und sich im Supermarkt gemeldet, bekam man einen Wertgutschein über immerhin 1 DM ausgehändigt. Ein sehr aufwändiges Verfahren, dass sich – wie allgemein bekannt – nicht bewährt hat. Der finanzielle Anreiz war bescheiden.
Der ehemalige Besitzer der Sparkarte hatte immerhin acht Einkaufswagen zurück gebracht, dann aber das „Unternehmen Wertgutschein“ offenbar eingestellt. Allerdings hatte er, wie vermutlich kaum jemand sonst, diese Sparkarte aufgehoben, sonst wüssten wir heute vielleicht kaum etwas über dieses Projekt. Denn spätestens mit der massenhaften Einführung der Einkaufswagenchips ab 1992 dürften diese Rückgabeautomaten nicht verwendet worden sein.
Inzwischen ist jeder Kunde allerdings ohnhin so konditioniert, seinen Wagen ordnungsgemäß zurück zu bringen, trotz der immer häufiger werdenden Einkaufswagenlöser, die man, anders als die Einkaufswagenchips, wieder abziehen kann. Der ursprüngliche Anreiz der Wagenrückgabe ist daher nicht mehr gegeben. Es bleibt zu hoffen das dies auch so bleibt.
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