Eine Wertmarke aus dem Hütteldorfer Casino im Amalienpark in Wien
Ein Beitrag von Johann Kodnar (WMF Nr. 10316)
Beim Hütteldorfer Casino samt angeschlossenem Amalienpark handelte es sich um eine heute weitgehend vergessene Vergnügungsstätte im 14. Wiener Gemeindebezirk, im Bezirksteil Hütteldorf. Sie wurde 1902 von Amalie Swoboda und ihrem Sohn Rudolf gegründet.
Als Casino bezeichnete man damals nicht Glückspielstätten, sondern gehobene Stätten für Zusammenkünfte, Unterhaltung und Kulinarik. Das Hütteldorfer Casino residierte an der Adresse Linzerstraße 403 und beinhaltete einen Theater- und einen Varietésaal. Zum Casino gehörte auch ein weitläufiger, nach der Dame des Hauses Amalienpark benannter Park.
Zum Zeitpunkt der Gründung des Hütteldorfer Casinos war Amalie Swoboda bereits eine erfolgreiche und schillernde Persönlichkeit der Wiener Gastronomieszene und besaß das bekannte Etablissement „Der Swoboda“ im Prater 26. Dieses war vor allem für seine populären Tanzkränzchen bekannt und gehörte mit bis zu 4.000 Tagesgästen zu den größten Praterlokalen. Der Swoboda war auch eine Hochburg des sogenannten Fünfkreuzertanzes, der sich ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts großer Beliebtheit erfreute: Dabei verzichtete das Tanzlokal auf einen Eintritt, dafür waren für jeden durchgeführten Tanz 5 Kreuzer vom Tanzpaar zu entrichten. Später wurde das so gehandhabt, dass Damen freien Eintritt hatten und die Männer 5 Kreuzer zahlten. Der Swoboda brannte 1907 vollständig ab und wurde als Phönixpalast wieder aufgebaut.
Amalie Swoboda gehörte um 1902 außerdem eine weitere Lokalität in Breitensee. Sie stammte aus einfachen Verhältnissen und hatte sich als Wirtstochter mit viel Fleiß und gutem Gespür für die Bedürfnisse und Interessen des gemeinen Volkes emporgearbeitet.
Die geräumigen Gebäude des Hütteldorfer Casinos wurden vollständig umgebaut und elegante Räumlichkeiten gestaltet. Das Hütteldorfer Casino mit dem schönen Amalienpark wurde fortan als Sommer Etablissement geführt, in dem während der warmen Jahreszeit umfangreiche Veranstaltungen stattfanden. So gab es beinahe täglich Konzerte. Unter der Woche waren diese kostenlos, am Wochenende musste ein Eintritt von 10 Kreuzern bezahlt werden. Auch Schönheitskonkurrenzen fanden im Hütteldorfer Casino statt.
Das Casino umfasste Billardsäle, einen Spiel- und einen Lesesalon. Zeitgenössische Zeitungsquellen schreiben von mehr als 3.000 Besuchern, die an guten Tagen das Hütteldorfer-Casino samt Amalienpark bevölkerten. Teils spielten gleichzeitig drei Musikkapellen und eine Varietégruppe auf.
1921 wurde das Hütteldorfer-Casino verkauft und das Areal anschließend bald verbaut, so dass heute bis auf ein paar einzelne, noch verbliebene alte Bäume nichts mehr an den damaligen Amalienpark erinnert. In einen Teil der Räumlichkeiten zog bereits 1920 mit dem Maxim Filmtheater ein Kino mit schmalem Kinosaal für 250 Besucher ein und blieb dort bis ins Jahr 1967. Heute lässt nur mehr der zur Linzer Straße hin verbliebene Teil der in die Jahre gekommenen Fassade die einstige Nutzung als prächtiges Vergnügungsetablissement erahnen.
Wertmarken zu diesen Ausgabestellen wurden bisher in der Literatur nicht angeführt. Es ist derzeit nur die unten abgebildete Marke mit Nominale „5“ (Kreuzer) als Einzelstück bekannt.
(WMF Nr. 10316) Hütteldorfer Casino im Amalienpark, Linzerstraße 403, Wien / Hütteldorf
VS: AMALIENPARK | HÜTTELDORFER | CASINO (im Perlkreis im Stabrand)
RS: 5 (im Perlkreis im Stabrand)
rund / Kupfer/ ø 20,0 mm / Wendeprägung
Markentyp: Wertmarke / Tanzmarke / Kantinenmarke ?
Hersteller: unbekannt
Datierung: 1902-1921
Sammlung: JK / Meldung: Bernd Thier
Literatur: Menzel (digitale Ausgabe 2018): / ; WMF (Hefte): /
Suchbegriffe: AMALIENPARK HÜTTELDORFER CASINO
Quellen:
- „Das Grand Etablissement Amalia Swoboda im Prater“, Illustriertes Wiener Extrablatt, 30. März 1902, Seiten 42-43
- Diverse Berichte im Anno Zeitungsarchiv der österreichischen Nationalbibliothek
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Schlagworte: Amalie SwobodaAmalienparkCasinoFünfkreuzertanzHütteldorfJohann KodnarKantinenmarkeKinoÖsterreichPraterRudolf SwobodaTanzmarkeWien