Marken der Consum-Anstalt und der Speiseanstalt der Berndorfer Metallwarenfabrik Arthur Krupp A.G. (Berndorf, Österreich)
Beitrag von Erich Heisler und Bernd Thier
In diesem Beitrag sollen die zahlreichen verschiedenen Wertmarken-Ausgaben der Berdorfer Metallwarenfabrik Arthur Krupp in Berndorf (Österreich) vorgestellte sowie die Geschichte der von der Firma eingerichteten Wohlfahrteinrichtungen Konsum-Anstalt bzw. Speise-Anstalt, in denen die Marken vernehmlich verwendet wurden, erläutert werden. Die Informationen hierzu ließen sich vor allem aus den zeitgenössischen Zeitungen ermitteln, zur genauen Verwendung der Marken lagen dagegen kaum Hinweise vor.
Bei einem Besuch im Krupp Stadt Museum BERNDORF war es möglich einige Objekte und Marken persönlich in Augenschein zu nehmen und Fotos dieser Stücke anzufertigen. Herzlichen Dank hierfür an Frau Schmieder-Haslinger und ihr Team und für die Erlaubnis, diese Fotos hier zu veröffentlichen. Ebenfalls herzlichen Dank gebührt Univ.-Prof. Dr. Emmerig, der es ermöglichte Einsicht in den Nachlass von Helmut Hirschberg im Archiv der Universität Wien im Institut für Numismatik und Geldgeschichte zu nehmen, in dem weitere Hinweise zu den Marken gefunden werden konnten. Einige Abbildungen wurden von Herrn Reinhard Muschik, Berndorf, zur Verfügung gestellt, der außerdem wichtige Hinweise. zur Geschichte der Berndorfer Metallwaren-Fabrik beisteuerte.
Die Geschichte der Berndorfer Metallwarenfabrik
Die königlich-kaiserlich privilegierte Berndorfer Metallwarenfabrik wurde von den beiden Unternehmern Alexander Schoeller und Alfred Krupp (Essen) im Jahr 1843 gegründet. Am Jahresanfang 1845 begann in Berndorf unter der Leitung von Hermann Krupp (dem Bruder von Alfred) die Produktion mit 50 Arbeitern. Gefertigt wurden u.a. Kunstbronzen, Tee- und Kaffee-Service, Alpacca-Silber-Bestecke, Tafelgerät, Reinnickel-Kochgeschirre und vieles mehr.
Es dauerte allerdings fast zehn Jahre bis das Unternehmen schwarze Zahlen schrieb. Berndorf war damals noch ein kleines Dorf mit wenigen Bewohnern.
Als 1879 Hermann Krupp starb und sein Sohn Arthur Krupp ein Drittel des Unternehmens übernahm, war es bereits auf ca. 1000 Mitarbeiter angewachsen, auch der Ort wuchs kontinuierlich. 1886 wurde Berndorf zur Marktgemeinde erhoben.
Die Konsum- Anstalt der Berndorfer Metallwarenfabrik
Im Jahr 1875 bestand ein beim Kreisgericht Wiener Neustadt registrierter Konsum Verein der Arbeiter der Berndorfer Metallwarenfabrik, der jedoch 1889 aufgelöst wurde. Ein Konsumverein ist eine Verbrauchergenossenschaft um benötigte Waren gemeinsam im großen Umfang und damit auch billiger einzukaufen. Er wird von den Mitgliedern verwaltet. Vermutlich konnte dieser Verein die stark gestiegene Arbeiterschaft und ihre Familien nicht mehr versorgen.
1890 wurde Arthur Krupp Alleinbesitzer der Metallwarenfabrik und gründete die Berndorfer Consum-Anstalt. Dabei handelte es sich nicht um einen von den Arbeitern verwalteten Selbsthilfe Verein, sondern um eine Art Groß-Kaufhaus, das auch noch 1938 unter gleichem Namen bestand.
Um 1892 existierte mindestens eine weitere Filiale im Ort Grillenberg. Angeschlossen waren auch ein Landwirtschaftlicher Musterbetrieb (Ökonomie am Kremesberg), eine Wurstfabrik (heute Stadtmuseum), ein Kühlhaus und eine Bäckerei. Dazu meldete die Firma Krupp einen „Gemischtwaarenverschleiß“ an. Dieses Gewerbe war für einen „Krämerladen“ in Dörfern gedacht und diese Krämer durften mit Lebensmittel, Textilien und Hausrat – also allen Waren des täglichen Bedarfs – handeln.
Bei der Consum-Anstalt handelt es sich daher um eine Wohlfahrtseinrichtung unter der Leitung der Firma Krupp für die Betriebsangehörigen und die übrige Bevölkerung der Region. Die Preise waren nicht höher als bei anderen Händlern. Kunden die „mit Buch einkauften“ (einer Art Rabattsparbuch), bekamen Ende des Jahres 5% des Betrages erstattet, ein damals durchaus beachtlicher Rabatt.
Die Konsumanstalt erstreckt sich über ein Areal zwischen der Bahnhofstraße und der Neugasse. Das Gebäude wurde 1904 als Warenhaus der Konsumanstalt erbaut, 1907/1908 zu beiden Seiten Zubau einer Fleischerei, Wurstfabrik und Bäckerei.
In dem Gebäude der ehemaligen Wurstfabrik ist heute das Krupp Stadt Museum BERNDORF untergebracht.
Die Speise-Anstalt der Berndorfer Metallwarenfabrik
Um den Arbeitern und ihren Familien außerdem ein gesundes und billiges Essen zu ermöglichen wurde eine weiteren Wohlfahrtseinrichtung, die Speise-Anstalt eingerichtet, die auch als auch Speisehalle oder Fabrikkantine bezeichnet wurde. Diese Speisehalle der Berndorfer Metallwaren-Fabrik wird bereits am 21. November 1891 im Badener Bezirks-Blatt das Erste Mal erwähnt. Die Halle wurde auch für Feste, Vorträge, und Konzerte genutzt und fasste mehr als 1.000 Personen.
Um 1900 wurde Berndorf zur Stadt erhoben, die Anzahl der Arbeiter der Berndorfer Metallwaren-Fabrik war inzwischen auf etwa 4.000 Mitarbeiter angestiegen. Arthur Krupp wandelte das Unternehmen 1915 in die „Arthur Krupp AG“ um.
1917 berichtet die Badener Zeitung, dass in der Speisehalle eine Kriegsküche eingerichtet worden war.
Dort konnten zu verbilligten Preisen Suppe (für 20 Heller), Gemüse (für 20 Heller) oder Rindfleisch mit Gemüse (für 1 Krone) erworben werden. Geöffnet war diese Kriegsküche von 5 bis 7.30, 11 bis 14.30 und von 16.30 bis 22 Uhr. Eine zweite Kriegsküche befand sich neben dem Bergwerk in Grillenberg.
Die Berndorfer Metallwaren-Fabrik als Hersteller von Münzschrötlingen
Die Berndorfer Metallwaren-Fabrik stellte auch Münzplättchen (Ronden / Schrötlinge) aus Nickel-Legierung für Prägeanstalten her, die um 1880 sogar in die Schweiz geliefert wurden. Auf der Niederösterreichischen Gewerbeausstellung 1880 und auf der Kaiser-Jubiläumsaustellung 1888 wurden diese Produkte auch ausgestellt.
1892 übernahm die Firma für das österreichische Finanzministerium die Herstellung der Münzplättchen aus reinem Nickel für die 10 und 20 Heller Stücke. Gefertigt wurden in jenen Jahren Schrötlinge in einer Menge von bis zu 1.150.000 kg. Nicht überliefert ist, ob die Firma Wertmarken, für den Eigenbedarf oder auch andere Betriebe herstellte.
Die Wertmarken
Wertmarken der Berndorfer Metallwaren-Fabrik
Diese Marke ist bei auch bei Helfert (Österreichische Münzen und Geldzeichen 1848 und 1849, Nr. 71) beschrieben und wurde zur Linderung der Kleingeldnot in diesen Jahren von der Firma ausgegeben.
In der Sammlung Ernst Ritter von Ernst befand sich eine weitere Marke aus Neusilber (Pakfong) mit der Wertzahl 20 (Kreuzer), die heute leider nicht mehr auffindbar ist (vgl. Prokisch 2016, S. 417, Nr. V 34).
Das Monogramm „BMF“ gemeinsam mit dem Doppeladler wurde 1865 als Firmenmarke verwendet.
Marke der Consum-Anstalt der Berndorfer Metallwaren-Fabrik
Der Bär, das Wappentier von Berndorf, wurde seit 1890 gemeinsam mit dem Namen Berndorf im Markenzeichen des Unternehmens verwendet.
Bei Josef Nentwich (1898 „Numismatische Topographie von Nieder Österreich) ist diese Marke der „Consum-Anstalt“ im Wert zu 1 Krone angeführt bereits aufgeführt, graviert wurde der Prägestempel von Andreas Neudeck. Leut Menzel gibt es zwei varinaten dieser Marke, außerdem ein Stück, bei dem auf der Rückseite eien „7“ eingepunzt wurde (Nr. 3335.2).
Dietmar Lautscham schreibt in seinem Auch „Arthur der österreichische Krupp“ über die Marke der Konsum Anstalt, dass man für einen Einkauf im Betrag von 1 Krone diese Marke erhalten hat. Dieses System wurde auch von den meisten Arbeiter Konsum- Vereinen für die Rückvergütung so gehandhabt. Man findet immer wieder Aufforderungen der Vereine, Marken mit niederem Wert gegen höherwertige zu tauschen, da die kleinen Werte in den Filialen fehlen.
Anweisungen für die Konsum- und Speise-Anstalt im Ersten Weltkrieg
Am 17. Dezember 1917 hielt Dr. Fritz Dworschak einen Vortrag über „Neues Kriegsnotgeld“ (vgl. Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für Münz- und Medaillenkunde, Band XIV Nummer 1, Jänner 1918). Darin geht er auch auf die Anweisungen für die Konsum- und Speise-Anstalt der Berndorfer Metallwarenfabrik zu Kriegsbeginn ein:
„Diese Gutscheine zu 5 und 10 Kronen wurden zur Bezahlung der Arbeiterschaft wegen Kleingeldmangel ausgegeben. Diese Scheine dürften längere Zeit in Umlauf gestanden haben. Auf der Rückseite wurden die gekauften Waren vermerkt. Auch an die Internierten wurden Scheine zu 2, 10, 20, Heller und 1 Krone ausgegeben.“
Weitere Ausgaben von 100 Kronen bis 100.000 Kronen zeugen von der hohen Inflation. Beschrieben, abgebildet und bewertet sind diese Ausgaben im Katalog des österreichischen Notgeldes 1914–1924 von Kodnar/Künstner (2017).
Marken der Speise-Anstalt der Berndorfer Metallwaren-Fabrik
Die „Speise-Anstalt“, auch Fabrik-Restauration oder Speisehalle genannt, wurde 1889 errichtet. Für das Jahr 1893 sind einige Bezugspreise überliefert: Eine Suppe kostete 3 Kreuzer, Rindfleisch mit Gemüse 15 Kreuzer und eine Mehlspeise 8 Kreuzer.
Peter Menzel (2014) führt unter Nr. 3337.3 eine weitere Marke auf „Portion Gemüse“ (Eisen, gelocht, Dm 20,8 mm), von der jedoch keine Abbioldung vorlag.
Die Speisehalle der Berndorfer Metallwaren-Fabrik wird bereits am 21.11.1891 im „Badener Bezirks-Blatt“ das Erste Mal erwähnt.
In den Aufzeichnungen der Sammlung Tschantera sind fünf weitere Marken durch Bleistiftabriebe dokumentiert, von denen drei hier abgebildet werden können, die bisher im Katalog von Peter Menze (2014) nicht aufgefürt sind:
Ohne Abbildung: 1 Suppe, Kupfer, Dm 27,2 mm, 11,1 mm gelocht
Als Preise sind für Speisen in der Speisehalle folgende Beträge überliefert: Eine Portion Suppe kostete 6 Heller, eine kleine Portion Fleisch 18 Heller, eine große Portion Fleisch 30 Heller und eine Portion Mehlspeise 16 Heller
Marke der Berndorfer Metallwaren-Fabrik Arthur Krupp A.G.
Der Firmenname Berndorfer Metallwaren-Fabrik Arthur Krupp A.G. wurde erst ab 1915 verwendet.
Diese Marke wurde einige Jahre nach 1915 geprägt und ist im „Katalog des österreichischen Notgeldes 1916-1921“ von Jaksch/Pick unter Nr. 84 beschrieben. Vermutlich handelt es sich um eine Ausgabe zur Linderung der Kleingeldnot in den Nachkriegsjahren.
Helmut Hirschberg schreibt im Band 90 der Numismatischen Zeitschrift (Wien 1975, S. 80): „In der Stempelsammlung liegen 3 Vorderseiten-Punzen zu diesem Motiv mit Durchmesser 21, 24, 26 mm. Unterhalb des nach links schreitenden Bären mit Graveurname R. Placht. Es ist anzunehmen, dass diese Punzen für nicht realisierte Gepräge vorbereitet wurden.“ Im Nachlass von Hirschberg im Archiv der Universität Wien Institut für Numismatik und Geldgeschichte befinden sich Abdrücke dieser Punzen auf Aluminium Folie:
Durch die Ausgabe von Papiergeld zu 1 Krone und 2 Kronen durch die österreichische Nationalbank, die ab Januar 1923 in den Umlauf gelangten, dürften weitere Prägungen der Berndorfer Metallwaren-Fabrik nicht mehr erforderlich gewesen sein.
Damit endet nach fast 75 Jahren die Verwendung von Wertmarken in unterschiedlichen Ausführungen und für die verschiedensten Zweche in der Berndorfer Metallwarenfabrik. Die wenigen erhaltenen Exemplare zeugen noch von der langen Firmengeschichte der für die Region bedeutenten Firma.
Literatur
ANNO Österreichische Nationalbibliothek
Helfert, Joseph Alexander: Österreichische Münzen und Geldzeichen von den Jahren 1848 und 1849. In: Numismatische Zeitschrift 1874–1875, S. 312–353.
Hirschberg, Helmut: Marken und Geldzeichen konsumgenossenschaftlicher Unternehmen in Österreich, in: Numismatische Zeitschrift 90, 1975, S. 55–112.
Jaksch, Karl/ Pick Albert: Katalog des Österreichischen Notgeldes 1916–1921, 2. Aufl. Wien/München 1976.
Kodnar, Johann/ Künstner, Norbert: Katalog des österreichischen Notgeldes 1914–1924, Eigenverlag 2017.
Lautscham, Dietmar: Der österreichische Arthur Krupp 1856–1938. Ein Großindustrieller dynstischer Prägung. Einer der letzten Feudalherrn des Privatkapitals. Ein genialer Mäzen. Der Schöpfer der Arbeiterstadt Berndorf, Berndorf 2005.
Menzel, Peter: Deutschsprachige Notmünzen und Geldersatzmarken im In- und Ausland 1840 bis 2002, Erste digitale Ausgabe 2014 (Winfried Bogon Verlag für Digitale Publikationen) Berlin 2014.
Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für Münz- und Medaillenkunde, Bd. XIV Nummer 1, Jänner 1918.
Nentwich, Josef: Numismatische Topographie von Niederösterreich, Wien 1898.
Neumann, Josef: Beschreibung der bekanntesten Kupfermünzen, Bd. 5, Prag 1868.
Prokisch, Bernhard: Die Sammlung von Bergbaugeprägen des Karl Ritter von Ernst. Münzen, Marken, Medaillen, Rechenpfennige und Jetons aus dem 15. bis 20. Jahrhundert, Wien 2016.
Tschantera, Alois: Handschriftliche Aufstellung der Marken seiner Sammlung, Wien (im Archiv der Numismatische Gesellschaft).
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